Inhalt und Ziel dieses Seminars ist das gemeinsame Erschließen einer Geschlechterperspektive auf und in unserer Gesellschaft. Geschlecht und unser Wissen darüber gestalten und konstruieren unser Zusammenleben. Das Einnehmen der Geschlechterperspektive lässt Geschlecht als vermachtet erkennbar werden, mithilfe Geschlechts als Wissens- und Ordnungskategorie können wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsprojekte kritisch hinterfragen und (eigenes) Verhalten reflektieren. Somit wird Geschlecht als fundamentales soziales Ordnungsprinzip und das Geschlechterverhältnis als Herrschaftsverhältnis herausgearbeitet.
Gemeinsam erarbeiten wir uns die Grundlagen: Gender, Geschlecht, Sex, (Un-)Doing Gender? Um den gesellschaftlichen Realitäten und den zugrundeliegenden Ungleichverhältnissen näher zu kommen ist dies jedoch nicht ausreichend. Das Konzept, die Theorie und Perspektive der Intersektionalität verknüpft verschiedene Stränge an Strukturlinien, die unsere Identitäten und unser Sein in der Welt ausmachen und die Geschlechterperspektive somit vervollständigen.
Wir werden uns viele Fragen stellen, teils Antworten finden, weitersuchen und lernen. Wie ist unsere Gesellschaft beschaffen, welche Differenzlinien durchziehen sie mit welchen Auswirkungen? Basis ist eine Seminaratmosphäre, in der Fragen gestellt werden dürfen und sollen, zudem gilt eine klare Ablehnung diskriminierenden Verhaltens jedweder Form.

Mit dem Buch „Die offene Stadt“ schließt Richard Sennett seine Homo Faber-Trilogie ab, die Entwicklung und Zustand moderner Gesellschaftsformen fokussiert. Neben Zusammenarbeit, Anerkennung und Respekt, Flexibilisierung und Verunsicherung konzentriert er sich in „Die offene Stadt“ auf räumliche Fluchtpunkte der Vergemeinschaftung. Wie gestaltet sich das Zusammenleben im urbanen Raum trotz heterogener Bevölkerungsgruppen? Wie haben sich Städte verändert? Was unterscheidet Städte des globalen Nordens von Städten des globalen Südens? Wie äußern sich raumplanerisch soziale Ungleichheiten?

Queere Theorien und queere Politik(en) werden seit über 25 Jahren buchstäblich ‚quer‘ zu geistes-, sozial- und naturwissenschaftlichen Disziplinen verhandelt. Sie bilden in „unterschiedlichen lokalen Kontexten ein breites, kontroverses und transdisziplinäres Feld der Theoriebildung sowie ein heterogenes Feld der politischen Praxis“ (Engel/Schulz/Wedl 2005: 9). Innerhalb der Geschlechtersoziologie und der Sozialen Arbeit spielen queere Ansätze dementsprechend eine Rolle, von einer konsistenten und nachhaltigen Etablierung letzterer kann aber noch keine Rede sein. Doch gerade Fragen nach vergeschlechtlichter Körperlichkeit verbunden mit der Reproduktion spezifischer Machtverhältnisse, die Konstruktion geschlechtlicher und sexueller Identitäten sowie die Überkreuzung dieser Differenzlinien mit anderen Ungleichheitskategorien (wie beispielsweise körperlicher Verfasstheit, regionaler Herkunft, Alter) stellen Praxen im Feld der Sozialen Arbeit vor besondere Herausforderungen. In dem Kurs werden queere Theorien vorgestellt, Ansätze auf ihre Praxistauglichkeit diskutiert und darüber hinaus Perspektiven für eine reflektierte Soziale Arbeit entwickelt.

Richard Sennett geht der Frage nach, wie Menschen in einer Gesellschaft zusammenleben und -arbeiten können, obwohl die moderne Arbeitswelt von sozialer Ungleichheit und Konkurrenz geprägt ist. In seinem Buch „Zusammenarbeit“ folgt er seiner Argumentation, dass Kooperation und Gemeinschaft die grundlegenden Pfeiler gesellschaftlichen Zusammenlebens sind und dass in der modernen Arbeitsgesellschaft, Menschen weniger Chancen haben, wichtige Fertigkeiten und Kompetenzen zu erwerben, die es einerseits ermöglichen „Respekt“ und ‚Erfüllung‘ zu generieren und anderseits „Drift“ – ein ‚Dahintreiben‘ ohne feste Strukturen – zu vermeiden. Dabei geht er erstens dem Problem der sich stets vergrößernden sozialen Ungleichheit auf den Grund und zweitens problematisiert er neue Formen der Arbeit, die Kooperation in der Gesellschaft schwächen.

Die Zentralität von Erwerbsarbeit in modernden Gesellschaften ist unbestritten. Im Seminar wird die Entwicklung von Erwerbsarbeit bzw. ‚der‘ Erwerbsarbeitsgesellschaft kursorisch nachgezeichnet und aktuelle Entwicklung diskutiert. Insbesondere die in der Arbeitssoziologie diskutierte zunehmende Zunahme prekärer Erwerbsarbeitsverhältnisse und die Auswirkungen auf Gesellschaften sowie Biografien werden dabei im Mittelpunkt stehen. Welche Auswirkungen hatten und haben die Technisierung und Digitalisierung, zunehmende Flexibilisierung sowie die zunehmende Entgrenzung von Arbeit? Welche Perspektiven lassen sich aus einer geschlechtersoziologischen Perspektive entwerfen?